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Zu den Erfolgsgeschichten im deutschen Einigungsprozess gehört die Entwicklung der ostdeutschen Land- und Ernährungswirtschaft. Diese kann mit Marktqualität und regionaler Frische im Wettbewerb mit der nationalen und europäischen Konkurrenz standhalten. Nach grundlegend veränderten Produktions- und Anbaustrukturen wie bei der Bodenbearbeitung, der artgerechten Viehhaltung und mit Hightech vom Feld bis zum Schweinestall hatte nur noch wenig aus DDR-Zeiten Bestand. So erwirtschaften heute weniger Mitarbeiter höhere Erträge. Große Maschinen in der Ernte, die sich durch Mobilität und Wendigkeit auszeichnen, verkörpern nun im Osten den Trend zur leistungs- und kostenorientierten Mechanisierung der Landwirtschaft.

Die Ostdeutschen spüren nach Planwirtschaft und SED-Dirigismus, dass sie mit Selbstorganisation bei Agrar & Genuss ein hohes Niveau in der Marktwirtschaft erreicht haben. Auch in der Arbeitsproduktivität. Im Beitrittsgebiet wirken sich die großen Flächen mit Umwelt schonender Bewirtschaftung positiv für nachwachsende Rohstoffe mit Energie- und Industriepflanzen oder ökologisch erzeugte Lebensmittel aus. Mit Biogas, Wind- und Solarkraft wurden Landwirte außerdem zu Energiewirten. Alles im Einklang mit der Natur und mit diesen Ressourcen ein Job-Motor.

Obwohl bäuerlichen Familienbetrieben mehr Überlebenschancen als den Nachfolgern der 3 844 Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften eingeräumt wurden, setzte sich hier übereinstimmend mit der EU-Agrarordnung die Produktion nach industriellem Vorbild durch. Dafür wandelten die meisten LPG-Mitglieder ihr Eigentum an Grund und Boden in neue Unternehmensformen mit ökonomischen Kernaufgaben. Die heute etwa 500 Agrargenossenschaften sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum, erbringen zudem gemeinnützige Leistungen für das Leben in den Dörfern und ihre soziale Funktionsfähigkeit.

Bei einer umweltgerechten, naturgemäßen Landwirtschaft geht es um ausreichende Erträge, etwa zwei Drittel des Produktionswertes kommen aus dem Stall. Neben Fleisch hat hier die Milchwirtschaft besondere Erfolge mit Erzeugnissen wie Joghurt und Käse. Bei Schafen steht neben Qualitätslammfleisch die Landschaftspflege als Dienstleistung für die Gesellschaft im Vordergrund. Durch den Strukturwandel entdeckten ostdeutsche Züchter alte, seltene Rassen neu - so Gehörnte Heidschnucken, Moorschnucken, Coburger Füchse, Skudden. Die ständig steigende Zahl an Pferden, Pferdezüchtern und Reiterhöfen in den neuen Bundesländern unterstreicht die Bedeutung des Pferdes als Wirtschaftsfaktor in ländlich strukturierten Gebieten. Die Qualität von Pferdezucht und Pferdesport ist heute Ausdruck für ein neu gewachsenes Lebensgefühl.

In der kalorienreichen Ernährung und bei den Essgewohnheiten vollzog sich der Wandel zu frischem Obst und Gemüse. Dem „Sattwerden“, oft mit Broiler oder Jägerschnitzel, folgte eine neue Erlebniswelt beim Essen und Trinken dank hochwertiger Produkte. Das „Ham-Wa-Nich!“ ist Geschichte. „Lecker!“ verdrängte „Es schmeckt!“ Trotz kulinarischer Reise-Erinnerungen kommen Speisen von hier, oft aus Omas Küche, auf den Tisch. So bleibt viel Wertschöpfung vor Ort. Kleine bäuerliche Strukturen werden gefördert, Jungunternehmer erhalten für ihre Vorhaben eine Chance.

Diese Umwandlung im Osten, hier auch Beispiele aus der Fischwirtschaft, dem Gartenbau und der Jagd, sorgte mit Pioniergeist und Innovationen für aufblühende Landschaften sowie Vorzeigebranchen, schlussfolgert der Autor. Viele Ostprodukte haben nun einen Bonus im gesamtdeutschen Konsumverhalten. Hohes internationales Ansehen besitzt die Forschung zur Agrarlandschaft oder zum Pflanzenschutz, zur Nutztierbiologie oder zu Tierseuchen an traditionsreichen Wirkungsstätten, die zu den modernsten Einrichtungen Europas gehören. Wer sich also für die enormen Produktivitätsfortschritte in diesen Bundesländern dank technischer und agrarwissenschaftlicher Entwicklungen, auch durch Digitalisierung und Biotechnologie, interessiert, findet eine bemerkenswerte Lektüre über dieses Kapitel deutscher Agrargeschichte seit 1990.

Peter Heinze

Spargel vom Gendarmenmarkt

Agrar & Ernährung eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte

ISBN: 978-3-945068-89-2

Preis: 35,00€

Hannelore Schnallenberg an 12.04.2023 17:28
stars-3 THK Verlag | Spargel vom Gendarmenmarkt
Es ist ein gutes Buch. Aber etwas zu teuer
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